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eyes4skies
Astro / BeobachtungsReports / Sofi Side-2006
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Beobachtungsbericht - Totale Sonnenfinsternis 29.3.2006 in Side/Türkei
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Informationen zur Sofi 2006
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Fotografie
Dimensionen
An erster Stelle steht die Überlegung ob Brennweite + Chipgrösse an die fotografische Fragestellung
angepasst sind. Alle Aufnahmen der Sonne wurden hier im Primärfokus mit einem Pentax SDHF 75 und einer (unmodifizierten) Canon EOS 5D
(24mm x 36mm Chipgrösse, 12.8 MegaPixel).
gemacht.
Hilfreich ist hier auch die
Tabelle von Abbildungsmassstäben wiederum von Espenak.
Kamera-Kennzahlen:
- Pixelgrösse: 1 Pixel = 3.5 arcsec = 8.4my
- Pixelzahl: 4368 x 2912 Pixel = 12.8 MegaPixel
- Chipgrösse: 36 x 24mm Kleinbild, Vollformat
Objektiv-Kennzahlen:
Kennzahlen der verwendeten Kamera/Objektiv-Kombination:
- Feldgrösse: 4.1° x 2.7° = 8 x 5 Ds (Ds = Sonnendurchmesser = 0.5°)
- Grösse der Sonne: 5mm = 514 pixel
- Grösse eines Pixels im Abstand der Sonne: 2500 km
- Grösse der Erde im Abstand der Sonne: 17.3 arcsec = 5 Pixel
- Grösse eines Pixels im Abstand des Mondes: 6 km
Mit meiner Feldgrösse von 2.7° x 4.1° kann man die Sonnenkorona in einem zentrierten Bild also
bis zu Radien von 5-8 Rs erfassen. Es macht deshalb Sinn die Bilder so tief zu belichten, dass ca 5 Rs
erfasst werden. Die Sonnenscheibe selbst ist nur ca 4mm (ca 500 Pixel) gross. Für Detailaufnahmen von
Protuberanzen u.ä. ist diese Brennweite deshalb etwas zu gering. Man sollte also bezüglich kleiner Details
keine Wunder erwarten. Die Grösse der sichtbaren Protuberanzen lässt sich in etwa mit den angegebenen
Skalen einschätzen; ebenso die Höhe der sichtbaren Mondberge (Unregelmässigkeit des Mondrandes).
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Belichtungszeiten
Zur Vorbereitung von Sonnenfinsternissen gibt Espenak auf seiner Seite
Exposure Guide in Abhängigkeit von Blende/ASA die Belichtungszeiten an, die nötig sind, um einen
gewissen Radius in der Korona zu erreichen. Vor der Sofi machte ich in der Türkei zur Verifikation ein paar
Testaufnahmen mit meinem Teleskop- und
Kamera-Setup (und visueller Baader-Folie), um sicher zu gehen, dass die angegebenen Zeiten wirklich
so verwendbar sind. Die Zeiten waren sehr genau so brauchbar wie angegeben.
Zum kurzen Ende sind die Belichtungszeiten üblicherweise durch die Verschlussgeschwindigkeit der Kamera
begrenzt. Zu langen Zeiten durch die Verschmierung des Bildes durch die Erddrehung (bei stehender Kamera).
Bei gegebenem Abbildungsmasstab der Kamera/Objektiv-Kombination lässt sich leicht
ausrechnen wie lange man maximal belichten kann, wenn man vereinfachend Deklination = 0° für die Sonne (was
recht genau hinkommt in unserem Fall hier) annimmt:
1h = 15 Grad
1 sec = 15 arcsec
1 Pixel = 3.5 arcsec = 0.28 sec = 1/4 sec Belichtungszeit
Länger als 1/4sec darf also nicht belichtet werden wenn die Sonne nicht durch die Erdrehung auf mehr als ein Pixel
verschmiert werden soll. De facto ist durch Bildunschärfe und Luftunruhe etwas mehr Belichtungszeit ohne
realen Qualitätsverlust möglich. Dennoch ist es gut, diese Zeit mal vorher theoretisch abzuschätzen, damit
die Grössenordnung der erwarteten Effekte klar ist.
Als geschlossene Formel zur Abschätzung der Grenzbelichtungszeit (Verschmierung um 1 Pixel) benutzt man t = 13680 * dx / f,
wobei die folgenden Grössen einzusetzen sind: t Grenzbelichtungszeit in sec, dx die Pixelgrösse in mm, f die Brennweite in mm.
Die Bewegung des Mondes relativ zur Sonne (Vorüberziehen des Mondes vor der Sonnenscheibe) ist eine weitere
Bewegungskomponente, allerdings auf einer viel langsameren Zeitskala. Die Bewegungsgeschwindigkeit schätzt
man aus der Zeit zwischen 1. und 4. Kontakt (155min) und der Wegstrecke (ca 2 x Sonnendurchmesser a 0.5°) ab zu
0.4 arcsec/sec. Der Mond bewegt sich relativ zur Sonnenscheibe also in 9sec um die Breite eines Pixels (3.5arcsec) in
der Brennebene der Optik. Diese Grösse limitiert die Stackbarkeit von Aufnahmen, wenn man damit alle Bilder
auf den Mondrand übereinander positioniert. Die 4 x 3 Aufnahmen wurden in einem Gesamtintervall von 63 sec gemacht,
d.h. die Verschiebung des Mondes relativ zur Sonne beträgt ca. 7 Pixel. Dies ist sicher grenzwertig um für alle 4x3 Aufnahmen
noch ein einwandfreies Stacking zu erlauben (Luftunruhe + Optikauflösung dürften deutlich kleiner sein - aber das wird sich
beim Bearbeiten des Komposits noch herausstellen...).
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Ablauf
Um ein optimales S/N durch Mittelung (Stacking) zu erreichen, wollte ich viele Einzelaufnahmen verwenden.
Um den grossen Dynamik-Umfang der Korona im Bild darstellen zu können, waren ausserdem mehrere
verschiedene Belichtungszeiten nötig (siehe Belichtungszeiten). Beim Testdurchlauf stellte sich jedoch
heraus, dass die gesamt benötigte Zeit für diese Belichtungsreihen sehr schnell die gesamte Sonnenfinsternis-Dauer
erreicht. Da ich jedoch auch visuell die Finsternis beobachten wollte, musste ein Kompromiss gefunden
werden. Deshalb entschied ich mich letztlich für max 2min Aufwand für die fotografische Arbeit. Damit waren
dann 4 Belichtungszeiten mit je 3 Einzelaufnahmen möglich.
Um die Zeit möglichst effektiv für Fotos zu nutzen, plante ich, die Aufnahmen nur am Anfang der Totalität zu
schiessen und dann die Kamera komplett abzunehmen und visuell durch den Pentax zu beoachten.
Die Fotos am Anfang der Totalität zu schiessen war vor allem hilfreich weil die Scharfeinstellung dann zu
unkritischen Zeiten (in aller Ruhe) vor Eintritt der Totalität erledigt werden konnte. Der Baader-Filter befindet
sich im parallelen Strahlengang vor dem Objektiv und verschiebt deshalb den Fokus nicht.
Die 3er Belichtungsreihen wurden mit einem Timer und Spiegelvorauslösung geschossen (6x Auslösen mit je 1sec
Zwischenraum), also mit einer Frequenz von 1 Bild/2 sec. Dadurch wird die Anfälligkeit für Bedienungsfehler verringert
und die Verwacklungsgefahr minimiert.
Für die Arbeit mit der DSLR ist i.a. noch zu beachten, dass der Auslese-Buffer der Kamera durchaus volllaufen kann,
wenn man in schneller Abfolge RAW-Bilder schiesst. Oft speichert man ja auch zusätzlich noch (zumindest kleine) Jpeg's
parallel mit ab. Sind die RAW's (+ Jpeg's) gross und der Buffer eher unterdimensioniert, so stösst man schnell an Grenzen
und die Kamera verweigert weitere Aufnahmen (während wertvolle Sofi-Zeit verstreicht). Das sollte man bei der Planung
bedenken. Am besten ist aber: die geplante Aufnahme-Sequenz als Testlauf ausprobieren ! Das Abspeichern im
Jpeg-Format verringert aber das Problem, wegen des verringerten Speicherbedarfs. Bei der 5D war das jedoch
mit der gewählten Anzahl von Aufnahmen keinerlei Problem (Bilder sind im RAW-Format ca 10 MB gross, kleine Jpeg's
sind vernachlässigbar).
Letztlich ist noch zu bemerken, dass die 5D-interne Uhr bei den Aufnahmen um 215sec vorging und noch auf MESZ
gestellt war. D.h. die Bilder-Zeiten werden jeweils durch Addition von 1h und Subtraktion von 215sec in reale Lokal-Zeiten
(Türkei, MESZ+1h = UT+3h) umgewandelt. Diese Differenz wurde durch die Aufnahme kurz nach dem 2.Kontakt ermittelt
(Bild 2528 um 11:58:32 MESZ).
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Einzelbilder
Wegen des grossen Dynamikumfangs machte ich getrennte Aufnahmen wie folgt (die Differenz
zur Voraufnahme in BS=Blendenstufen ist jeweils angegeben):
- Protuberanzen (1/1000 sec)
- innere Korona (1/60 sec, +4 BS)
- äussere Korona (1/8 sec, +3 BS)
- dunkle Oberfläche des Mondes (1/2 sec, +2 BS)
Insgesamt überdecken die Aufnahmen also einen Bereich von mindestens 9 Blendenstufen zuzüglich
die innere Dynamik eines Bildes (mindestens ca +/-3BS=6BS), insgesamt also mindestens ca. 15 Blendenstufen.
Die folgenden Roh-Bilder zeigen (um einen Faktor 5 gebinnte/verkleinerte) Einzelbilder der Sonnenfinsternis (Jpeg-Qualität 80%)
mit den verschiedenen Belichtungszeiten bei konstantem Empfindlichkeits-Setting 200 ASA und ohne jede weitere Bildverarbeitung.
Zum Vergrössern, einfach auf das Bild klicken!
Die Totalität mit Bel.zeit = 1/1000 sec (links, BS=0) und 1/60 sec (rechts, BS=4).
Die Totalität mit Bel.zeit = 1/8 sec (links, BS=7) und 1/2 sec (rechts, BS=9).
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Tiefe Korona
Die nebenstehende Abbildung zeigt die äusseren, tiefen Strukturen der Korona. Dies ist kein Pellet-Komposit,
sondern lediglich ein einzelnes RAW-Bild (Belichtungszeit 1/2 sec), das besonders hoch 'entwickelt' und im Kontrast
angehoben wurde. Interessant sind die langen Spikes on der Korona in den Diagonalen, aber auch der Farbverlauf in
der diffusen Korona-Komponente:
innen ist die diffuse Komponente eher gelblich, aussen geht es in blau über (Streuung). Die Farbsättigung in diesem
Bild ist durch die Kontrasterstärkung (unnatürlich) überhöht, dennoch sollte der Effekt (Gelb → Blau) wohl
real sein !
Interessant ist auch, dass auf dem einzelnen Bild schon die Strukturen auf der dunklen Mondoberfläche zu
sehen sind ('Mondgesicht'). Dies ist der gleiche Effekt wie beim sog. 'aschgrauen Licht' des Mondes:
die von der Sonne bestrahlte Erde wirft einen Teil des Lichts auf die sonnenabgewandte Seite des Mondes
zurück.
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Komposit-Bilder
Hier zwei Komposit-Bilder unter Verwendung aller Belichtungszeiten (Belichtungszeiten 1/1000, 1/60, 1/8, 1/2 sec), jeweils
auf 1/3 Auflösung rebinnt.
Die Einzelaufnahmen wurden nach der Methode von Pellet bearbeitet. Dabei werden die Bilder zuerst so gefiltert, dass
Strukturen in tangentialer Richtung verwischt werden (Photoshop Filter Blur/Spin, entspricht einer Drehung des Bildes
um die Sonnenmitte). Nach Subtraktion dieser unscharfen Masken von den Originalbildern entstehen Bilder, die fast
ausschliesslich Radialstrukuren enthalten. Letztere werden dann zur Verstärkung der Korona-Strukturen multiplikativ dem
Ursprungsbild überlagert. Zum Schluss werden die Bilder aller vier Belichtungszeiten zu gleichen Anteilen überlagert.
Die gesamte Bearbeitung (Stacking, Filterung + Finish) erfolgte in Photoshop CS2.
Es ist klar, dass die Leuchtkraft und extreme Helligkeitsdynamik der realen Korona im Bild nicht wirklich realistisch
wiederzugeben ist (insbesondere nicht hier im Web mit der auf 8bit begrenzten Farbtiefe). Dies wird an der Überlegung
von oben klar: die Helligkeitsdynamik von den Protuberanzen bis zur äussersten Korona liegt jenseits von 15 Blendenstufen
(also >15bit Luminanztiefe). Die Dynamik ist also notwendigerweise stark komprimiert dargestellt.
Interessant sind im linken Bild vor allem die grossen Protuberanzen (mindestens 4 Stück sind sichtbar) und die stark strukturierte
Minimums-Korona, die eine ausgeprägte Achsensymmetrie zeigt (Maximums-Koronen zeigen eher Punktsymmetrie zum
Sonnenzentrum). Die Symmetrie- bzw Rotationsachse der Sonne ist von links/unten nach rechts/oben orientiert. Das linke Bild
entspricht wirklich recht gut dem visuellen Eindruck, den man im Feldstecher oder Teleskop hatte.
Das rechte Bild wurde durch Überlagerung der Radialstrukturen noch etwas mehr kontrastverstärkt und auf die Darstellung der
Korona in ihren Aussenbereichen optimiert. Die Spikes sind bis zu 3 Sonnenradien (und mehr) nachzuverfolgen.
Für die Darstellung der Vollbilder klickt man auf die Bilder und schaltet im MS InternetExplorer möglichst noch auf Vollbild (F11) um.
Komposits von 4 Aufnahmen während der Totalität (bearbeitet nach der Methode von Pellet, 1/3 der Original-Auflösung).
Das linke Bild gibt recht gut den visuellen Eindruck am Teleskop wieder. Das rechte Bild zeigt vor allem die Aussengebiete
der Korona mit den weit hinaus reichenden Spikes.
(Für Vollbilder auf die Bilder klicken !)
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Bericht
Wir waren am Sonntag mittags angereist und verbrachten die Tage etwas fiebernd (auf die Finsternis!)
mit Sport, gutem
türkischen Essen, kleinen Ausflügen nach Side, Manavgat und Instrumenten-Tests (vom abendlichen
Wein + Raki schweigen wir mal). Das Hotel füllte sich ab Montag abend zusehends und war angeblich
sogar ausgebucht. Ich schätze dass etwa 80-90% der Leute ausschliesslich für die Sofi gekommen
waren. Es gab aber auch einige 'Lottogewinner', die rein zufällig kamen und sich über die vielen Freaks
mit Fotoausrüstung + Teleskopen im Garten wunderten... Viele Gruppen aus Deutschland waren da,
aber auch eine Gruppe von mindestens 50 Indern und 30 Amerikanern, Österreicher, Niederländer,...
In den Tagen vor der Finsternis hatte sich das Wetter zusehends verbessert. Das Satbild
sah am Tag der Finsternis sehr gut aus. Am Morgen des 29.3. war der Himmel wolkenlos und wir alle waren
glücklich, dass sich sich das Wetter mit prognostizierten 40:60 Chancen letztlich zu unseren Gunsten entschieden
hatte. Wir suchten uns einen Beobachtungsplatz etwas abseits vom Hotel und erhöht am Strand aus,
ca 30m vom Meer entfernt mit freiem Blick nach WSW, in die Richtung aus der der Zentralschatten
'heranfliegen' sollte. Der Strand verläuft recht genau in O-W-Richtung. Die Totalität war also optimal
Richtung SSW in einer Elevations-Höhe von ca 55° zu erwarten.
Mit von der Partie auf diesem Platz waren meine Frau Sabine, Andy, Michael + Christa, Peter H. aus N.
:-) und Alex (Christina + Reinhard sich einen anderen Platz gesucht). Neben uns baute auch noch eine
Gruppe aus den Niederlanden auf, mit denen in der Zwischenzeit gefachsimpelt wurde. Ca 200m entfernt,
auf dem hoteleigenen Strand oder direkt auf dem Hotelgelände stand das Gros der Sofi-Gäste. Gegen
10:30 Uhr lokaler Zeit hatten wir das Equipment aufgebaut und ich machte letzte Tests mit der Kamera für meine
Belichtungsreihen und Belichtungszeiten
durch den Pentax. Die Scharfstellung war etwas diffiziler als ich es vom Nachthimmel her gewohnt
bin. Letztlich benutzte ich dann eine draussen auf dem Meer schwimmende Boje, bzw die Lichtreflexe
dahinter im Meer zum Scharfstellen. Zur Kontrolle diente dann der Sonnenrand bzw die kleine Fleckengruppe,
die schon am vorherigen Tag am Sonnenrand erschienen war und heute etwas Richtung Sonnenmitte
vorangekommen war.
Sekundengenau um 12:38:20 (lokale Zeit = UT+3h) beginnt die partielle Bedeckung und der Mond schiebt sich von
'rechts unten' kommend über den Sonnenrand. Vorne am Strand wird geklatscht, gejubelt und gejohlt - Sofi-Freaks
sind eben ein sonniges Völkchen ! :-) Ich mache die ersten Belichtungen und will jetzt alle 15min ein Vergleichsbild
durch die Baaderfolie und den Pentax aufnehmen (gut, eine Armbanduhr mit Alarm dabei zu haben). Etwa 1h 20min
dauert es noch bis zur Totalität. Am Himmel gibt es jetzt doch einige lokal begrenzte leichte Cirren im Westen.
Die Bilder im Teleskop sind aber doch recht scharf und auch die Beobachtung in Michael L.'s Coronado nebendran
zeigt, dass die Luft eigentlich recht gut ist derzeit. Auch einige Protuberanzen sind in H-Alpha schon ganz gut zu
sehen, wenn auch recht klein. Die Fleckengruppe zeigt ausgedehnte + deutliche Fackeln in ihrer Umgebung.
Die Fotos zeigen, dass der Mondrand irgendwie unregelmässig aussieht. Sind das die Berge am Mondrand ?
Mehrere Fotos nacheinander zeigen immer die gleiche Struktur, also ist das keine Luftunruhe. Tatsächlich sieht
man auf die Fotos die Berge am Mondrand ! (vgl das
Profil des Mondrandes ).
Nach ca 40minuten ist die Sonne ca 50% bedeckt und man merkt jetzt schon eine Veränderung des Lichts. Es ist
schwächer (etwa wie spätnachmittags) aber wirkt vergleichsweise nicht so rot sondern etwas fahler/blauer. Immerhin
hat die Sonne rein rechnerisch schon 0.75mag (Faktor 2) an Helligkeit verloren (wenn man von der Beleuchtung durch
grossräumiges Streulicht am Himmel mal absieht und nur die Flächenverhältnisse Sonne/Mond berücksichtigt). Auch
empfindet man es jetzt schon als etwas kühler. Die Einstrahlung ist einfach schwächer geworden (Kollegen messen im
Schatten Abfälle um insgesamt 7 Grad). Dennoch, durch die Adaption des Auges nimmt man die optischen
Effekte nur verzögert wahr und auch nur wenn man genau hinsieht.
Nach weiteren 20min werden die Effekte schon deutlicher. Jetzt hat sich das Licht nochmal halbiert und die Verdeckung bewirkt
eine Lichtabschwächung um weitere 0.75mag. Diese Entwicklung beginnt sich jetzt merkbar zu beschleunigen. Man wird
nervöser, weil
die Totalität naht. Die kritischen Equipment-Teile werden nochmal gecheckt. Die Zeit zum Halbieren der Lichtmenge
wird jetzt immer kürzer. Diese Beschleunigung bei der Halbierung des Lichts verursacht an sich auch schon
irgendwie eine untergründige Panik. Die letzten 1-2 Minuten vor Eintritt der Totalität wird das ganz massiv und man
hat das Gefühl, in ein Loch zu fallen, ein richtiger Kollaps. Die Leute jubeln und klatschen immer mehr und lauter. Es geht abwärts ...
Richtung WSW wird es über dem Meer bedrohlich dunkler, auch wenn man keinen scharfen Schattenrand heranfliegen sehen
kann. Jetzt hätte ich gerne mal meine Herzfrequenz gewusst, Ruhepuls ist das keiner mehr ...
Der Himmel wird rasant so dunkel wie in fortgeschrittener Dämmerung. Die Sterne kommen raus, insbesondere im SW die
Venus. Ca 30 sec vor Eintritt der Totalität nehme ich die Filter von den Objektiven ab. Der 'Diamantring' - zunächst noch
so gross wie die Sonne selber - schwindet immer mehr dahin innerhalb der letzten 20sec. Innerhalb weniger Sekunden
schiesse ich in manuell kontrollierten Abständen die ersten 3 direkten Fotos durch den Pentax (Belichtungszeiten
1/250sec ... 1/800sec). Die Sonne ist noch massiv zu sehen und dennoch
kommt jetzt schon die Korona raus...! Um auf den Punkt 13:54:55 Uhr: 2. Kontakt, Eintritt der Totalität, WOMM !
Der Himmel wird dunkel wie 1h nach Sonnenuntergang und nur noch die Korona mit dem schwarzen Mond in der
Mitte steht strahlend hoch am Himmel. Wahnsinn !
Am Strand vorne jubelt und klatscht es wie bei Silvester (nur das Heulen + Knallen der Feuerwerkskörper fehlt).
Leider habe ich noch keine Zeit genau zu gucken, sondern ziehe erstmal mein Fotoprogramm durch. Eine Aufnahmeserie
von 3 Shots im Abstand von 2sec kontrolliert vom Fernauslöser/Timer. Dann Belichtungszeit umstellen, Position
im Gesichtsfeld kontrollieren und Abdrücken für die nächste Serie. Das ganze 4 mal. Danach wird die Kamera eilig
abmontiert und das Okular in den Pentax-Auszug gesteckt. Jetzt die Kamera weg ! - Leider überlege ich noch, ob ich mit
normalem Objektiv doch noch eine Aufnahme machen soll, aber da fällt mir die störende Spiegel-Vorausauslösung ein.
Zu spät jetzt noch durch die Menüs zu klicken... Also schnell weg mit dem Kamerakram in den Transport-Koffer...!!!
Der erste Blick durch den Feldstecher ist fantastisch. Die Korona ist nicht rund wie 1999 sondern elongiert und achsensymmetrisch.
Sie ist mit geschwungenen radialen Streifenstrukturen übersäht, darüber 4 oder 5 lange Spikes diagonal zu den Seiten. An den
Polen gibt es nur kurze 'Haare'. Darunter
gibt es bei schwächerer Intensität noch eine runde + diffuse Verteilung ohne Strukturdetails. Am oberen Sonnenrand zeigt sich die
Protuberanz, die schon vorher im Coronado zu sehen war, allerdings jetzt viel leuchtender, deutlicher und grösser. Die Farbe
ist eine sonderbar quietschig leuchtende Mischung aus Rosa, Pink und Orange. Daneben gibt es noch einige kleinere Protuberanzen.
Ich sehe mir das ganze noch im Teleskop an und zoome in die Details hinein, aber da kommt schon der Ruf
'Noch 30sec...!' - Wahnsinn wie die Zeit wegfliegt !
Es ist einfach viel zu kurz ! Ich fluche auf die vergeudete Zeit durch die verdammte Fotografiererei...
Die Uhr sagt jetzt: Vorsicht gleich kommt die Sonne. Die Leute am Strand vorne jubeln, klatschen und kreischen und
BANG, da kommt der erste Strahl am unteren Mondrand! Die Korona ist wieder noch einige Zeit - trotz des hellen Diamantrings -
zu sehen.
Auch die Sterne sind noch da ... Venus ... andere ... ich habe vergessen nach Merkur, Mars und Formalhaut zu sehen...
Jetzt müssen schnell wieder die Filter wieder auf die Objektive. Es wird rasant heller. Immer noch wird immer wieder
mal geklatscht und gejubelt bei uns und vorn am Strand. Da ist noch die Venus zu sehen - es ist schon taghell. Also
Filter vom Pentax wieder abgezogen und hingeschaut, rausgezoomt. Halb-Venus ! Verwunderung bei Christa L., dass das ja wie der Mond
aussähe... Ja genau - Venus-Phasen! :-) Mit der kleinen Digicam (Canon Powershot A80) mache ich ein paar Shots mit
Automatik durch das Zoom-Okular am Pentax aus der Hand. Tatsächlich sieht man die Venus ganz passabel darauf !
Super ! Selbst 5 Minuten nach dem 3. Kontakt findet man dieVenus noch recht leicht mit dem blossem Auge;
im Teleskop bleibt sie noch nach 15min gut sichtbar...
Ganz langsam kehrt Entspannung ein. Das Adrenalin wird gaaaaz, gaaaanz langsam abgebaut ... Die Anspannung
(spätestens seit dem 2. Kontakt, aber eigentlich schon lange vorher!) lässt endlich nach. Unwirklich, dass es jetzt schon
und so schnell vorbei gewesen sein soll. Reumütig bin ich
jetzt doch froh, die Fotos geschossen zu haben und schaue mir diese erstmalig an. Die Shots vom Diamantring und in der Totalität
sind nach erstem Anschein super gelungen. Klasse ! Meine Flüche auf den technokratischen Fotokram sind wieder
vergessen...
Überall Erleichterung und alle checken jetzt, was auf ihren Digitalfotos zu sehn ist. Ich mache immer wieder noch ein paar
Aufnahmen der 2. partiellen Phase mit der Canon und einem 50mm Objektiv freihändig durchs Okular - sozusagen zum Spass...
Jetzt kann man auch mal rumgehen und die anderen Leute fotografieren. Alle sind immer noch etwas aufgelöst und
man begutachtet die Fotoergebnisse gegenseitig ... Ah, das ist ja super geworden ! Andy jammert, dass er seine WebCam-Programme
genau im falschen Zeitpunkt abgeschossen hat - arrrghh ! Aber einiges hat er dann doch drauf, das wird noch ganz gute Bilder geben
beim Stacken... Peter H. hat ein AVI mit Tonspur mit seiner Digicam geschossen, auf dem man das Jubeln und Klatschen der Leute
hört ... Eine super Erinnerung an die ganzen Sofi-Party-Atmosphäre am Strand während der Totalität !
Die ausgehende partielle Phase vergeht in lockerer Entspanntheit. Ein paar Fotos noch. Noch ein paar Detailbeobachtungen
am Mondrand, wo man wieder die Unregelmässigkeiten der Berge sieht ! Zuletzt um 15:13:32 trennt sich der Mond von der
Sonnenscheibe. Wieder wird allseits geklatscht und gejohlt. Alle sind glücklich, dass wir die Finsternis so super beobachten und
miterleben konnten und auch die Fotos geglückt sind. Es wird auch wieder wärmer. Und irgendwie ist es ja auch nett (!), dass
die Sonne wieder zurück ist :-)
Am Nachmittag trinken wir - ganz geschafft - auf der Terasse Kaffee + geniessen hungrig (weil ausnahmsweise mal
ohne Mittagessen) die Cookies dazu. Man lernt nochmal ein paar Kollegen kennen und tauscht Bildeindrücke und
Email-Adressen aus...
Klasse war's ! - Wann und wo sagtet Ihr ist die nächste ??? :-)
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...und die Bilder dazu...
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Version: 24.04.2012
© 2006-2012 by P. Surma
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